Die Segelschulschiffe des Norddeutschen Lloyd

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Ende des 19. Jahrhunderts war der Norddeutsche Lloyd zur zweitgrößten Reederei der Welt angewachsen und befand sich weiter auf Expansionskurs. Damit stieg auch der Bedarf an qualifiziertem Personal. Als erste deutsche Reederei nutzte der Norddeutsche Lloyd eigene Segelschulschiffe für die Ausbildung. Sie hießen HERZOGIN SOPHIE CHARLOTTE, HERZOGIN CECILIE und KOMMODORE JOHNSON und werden hier kurz vorgestellt.

Die HERZOGIN SOPHIE CHARLOTTE war nicht nur das erste Segelschulschiff des Norddeutschen Lloyd, sondern auch der gesamten deutschen Handelsmarine. Als die mit 2591 Bruttoregistertonnen vermessene Viermastbark unter ihrem ersten Namen ALBERT RICKMERS 1894 in Geestemünde vom Stapel lief, war sie das erste bei der Rickmers Schiffbau AG erbaute Stahlschiff und war dafür bestimmt, Rohstoffe aus Asien für die firmeneigenen Reismühlen zu transportieren. Auf den ersten Fahrten war das Schiff zunächst vom Pech verfolgt. Durch schwere Stürze verlor Kapitän Warneke auf der ersten Reise nach Japan zwei Mann und in Portland desertierten gleich zwölf. Am 18. Dezember 1899 lief das Schiff in Bremerhaven ein und wurde dort an den Norddeutschen Lloyd verkauft. Nach umfangreichen Umbauten ging die Viermastbark unter ihrem neuen Namen HERZOGIN SOPHIE CHARLOTTE mit 60 Kadetten an Bord wieder in Fahrt. Im Sturmwinter 1905 wurde die Viermastbark vor Kap Hoorn entmastet und musste zur Reparatur in Montevideo einlaufen. Bis 1913 fuhr sie als Kadettenschiff für den Norddeutschen Lloyd und machte Fahrten rund um den Globus. 1913 verkaufte die Reederei das Schiff an Schlüter & Maack in Hamburg. 1914 überraschte der Erste Weltkrieg das Schiff in Chile, wo es in Caleta Buena interniert und 1918 schließlich beschlagnahmt wurde. 1921 wurde die Viermastbark an Großbritannien als Reparationsleistung abgeliefert, 1921 nach Mariehamn verkauft, wo sie bereits 1922 nach Norwegen weiterverkauft wurde. 1927 wurde das Schiff, das inzwischen GJERTRUD hieß, in Wilhelmshaven abgewrackt.

Schiffssteckbrief: Viermastbark HERZOGIN SOPHIE CHARLOTTE
Bauwerft: Rickmers Schiffbau AG, Geestemünde
Stapellauf: 30.10.1894 als ALBERT RICKMERS
Vermessung: 2591 BRTLänge: 91,5 m über alles Breite: 13,2 m, Segelfläche: 3170 m²
Schiffsführer: Ch. Warnecke & J. Hansen (RICKMERS); Warnecke, Zander, Gluud und Hoek (NDL); Reingardt (Schlüter & Maack)

Das zweite Segelschulschiff, die HERZOGIN CECILIE, war einer der bekanntesten Großsegler ihrer Zeit. Die mit 3242 Bruttoregistertonnen vermessene Viermastbark lief 1902 ebenfalls bei der Rickmers Schiffbau AG in Geestemünde vom Stapel. Benannt nach der Schwiegertochter Kaiser Wilhelm II., Kronprinzessin Cecilie, Herzogin von Mecklenburg-Schwerin, wurde das Schiff aufgrund seiner Erscheinung und seiner Segeleigenschaften schnell als „Die Herzogin“, englisch „The Duchess“ bekannt. Während des ersten Weltkrieges wurde die Viermastbark in Guyacan/ Chile aufgelegt und später nach Coquimbo verholt. Am 5.6.1921 wurde das Schiff als Reparationsleistung an Frankreich abgeliefert und noch im selben Jahr an Gustaf Erikson/ Mariehamn verkauft. Dieser machte die HERZOGIN CECILIE zu seinem Flaggschiff und setzte sie in der Weizenfahrt zwischen Australien und Europa ein. Unter der neuen Flagge konnte die Viermastbark zwischen 1921 und 1936 vier Mal die Weizenregatten – informelle Rennen der beladenen Großsegler vom Spencer-Golf/ Australien nach Europa – für sich entscheiden.Am 25. April 1936 fuhr die HERZOGIN CECILIE bei dichtem Nebel auf die Klippen von Hame Stone Rock an der südwestlichen Küste Englands, schlug leck und wurde auf den Strand gesetzt.

Schiffssteckbrief: Viermastbark HERZOGIN CECILIE
Bauwerft: Rickmers Schiffbau AG, Geestemünde
Stapellauf: 22.04.1902
Vermessung: 3242 BRTLänge: 103,17 m über alles, Breite: 14,02 m, Segelfläche: 3530 m²
Schiffsführer: M. Dietrich, O. Walther, D. Ballehr (NDL), K. R. de Cloux , A. F. Grönlund, H. D. Karlsson, M. S. Erikson (Gustaf Erikson)

Im selben Jahr erwarb der Norddeutsche Lloyd das letzte Segelschulschiff, die Viermastbark MAGDALENE VINNEN II. Das Schiff lief 1921 bei der Krupp Germania Werft in Kiel vom Stapel und wurde mit 3317 Bruttoregistertonnen vermessen. Die MAGDALENE VINNEN II war ein sehr schneller Segler und zusätzlich mit einer Hilfsmaschine ausgestattet. Sie transportierte für die Bremer Vinnen-Reederei die unterschiedlichsten Frachten. Ihre Reisen führten sie überwiegend nach Südamerika, Afrika und Australien. Nach Umbau zum frachttragenden Segelschiff, verließ die nun in KOMMODORE JOHNSON umbenannte Viermastbark am 8. Oktober 1936 Bremerhaven mit Zielhafen Montevideo, wo sie nach nur 58 Tagen eintraf. Auf der Rückreise nach Europa geriet das Schiff auf der Höhe der Azoren in einen Orkan. Die in Buenos Aires eingenommene Getreideladung verrutschte und das Schiff bekam 20 Grad Schlagseite. Trotz aller Bemühungen die Ladung umzutrimmen, verschlimmerte sich die Situation, sodass die Schräglage bis 50 Grad zunahm. Durch die Unterstützung eines niederländischen Dampfers und eines deutschen Tankmotorschiffs sowie durch die unermüdliche Arbeit der Mannschaft gelang es schließlich, die Ladung umzutrimmen und das Schiff wieder aufzurichten. 15 Tage später erreichte die KOMMODORE JOHNSON Hamburg. 1939 bis 1945 befuhr das Schiff kriegsbedingt nur die Ostsee, 1945 wurde es an die Sowjetunion abgeliefert. Heute ist die Viermastbark unter dem Namen SEDOV Segelschulschiff mit Heimathafen Kaliningrad und das größte noch segelnde traditionelle Segelschiff.

Magdalene Vinnen Sydney. Quelle: Australien National Maritime Museum
Die MAGDALENE VINNEN II, von Sydney auslaufend

Schiffssteckbrief: Viermastbark KOMMODORE JOHNSON
Bauwerft: Krupp Germania Werft, KielStapellauf: 23.03.1921 als MAGDALENE VINNEN II
Vermessung: 3476 BRT, Länge: 116,70 m über alles, Breite: 14,60m, Segelfläche: 4087 m²
Schiffsführer: L. Peters (Vinnen), O. Lehmberg, G. Clausen (NDL)